KlassikSommer 2018 im „Tanzfieber“ (Podcast verfügbar)

Igor Strawinskys "Le Sacre du Printemps" entfacht 2018 Tanzfieber im KlassikSommer Hamm. Die Uraufführung 1913 war einer der größten Skandale der Musikgeschichte – Strawinsky erfand die musikalische Moderne und provozierte damit Tumulte im Publikum. 27 Verletzte waren die eine Bilanz des Abends.

Titel des Programmhefts (Gestaltung: ©giraffentoast design gmbh)

Die andere: Strawinsky wurde über Nacht weltberühmt und "Sacre" eines der meistgespielten Werke auf Ballett- und Konzertbühnen. In der Alfred-Fischer-Halle eröffnet Frank Beermann mit der Nordwestdeutschen Philharmonie den KlassikSommer am 16. Juni mit dem Skandalwerk und einer weiteren Sensation des 20. Jahrhunderts: Alexander Skrjabins gigantisch instrumentiertem "Poème de l’extase". Tschaikowskys hoch emotionales Violinkonzert spielt Kirill Troussov.

Die Reiseleidenschaft verband Roger Willemsen mit der Geigerin Franziska Hölscher. 2014 schmiedeten beide einen Plan: Sie wollten eine Brücke schlagen zwischen Klanglandschaften und Sprachlandschaften. Die deutsch-armenische Pianistin Marianna Shirinyan zogen sie hinzu und schufen ein außergewöhnliches Programm, das Willemsen nur noch wenige Male selbst aufführen konnte. Kurz vor seinem Tod wünschte er sich Maria Schrader als Nachfolgerin für die musikalische Lesung, die als Hommage an Willemsen am 19. Juni auf Gut Kump stattfindet.

Vier Sängerknaben lernten sich im norddeutschen Uetersen kennen. 2006 gründeten sie ihr A-cappella-Ensemble. Schnell stellten sich Erfolge ein: Erste Preise beim Deutschen Chorwettbewerb in Dortmund, beim A-cappella-Wettbewerb Leipzig und im spanischen Tolosa. Im schillernden Spektrum seines Repertoires singt "Quartonal" am 21. Juni auf Schloss Oberwerries romantische Lieder und englischen Folk, Calypso und Pop.

Große Romantik ist die Tradition, die Frank Beermann dem KlassikSommer gab. Schumann bringt er am 23. Juni zum ersten Mal nach Hamm: Mit Herbert Schuch am Klavier, einem der langjährigen Freunde des Hammer Festivals, für Robert Schumanns Klavierkonzert, und der Nordwestdeutschen Philharmonie für die 4. Sinfonie im KlassikSommer-Romantikrausch.

Brillant und jung sind Christina Brabetz und Julia Hagen. Christina Brabetz ist Stipendiatin des Heidelberger Frühlings und spielt Geige. Julia Hagen ist Cellistin und Schülerin in der Exzellenz-Klasse von Gautier Capuçon. Zusammen servieren sie am 28. Juni in der Eingangshalle der Sparkasse Hamm ein extravagantes musikalisches Menü mit exotischen Ingredienzen: Pēteris Vask, Gaspar Cassadó, Heinrich Wilhelm Ernst und Johann Halvorsen - so viele Facetten hat ein Programm nur selten.

Am 30. Juni fegen zwei exzentrische Österreicher durch den Audi-Potthoff-Hangar: Matthias Bartolomey und Klemens Bittmann wirbeln wie die Derwische mit Geige, Cello und Mandola durch Rock, Pop und Jazz. Dabei ist eigentlich nur Bartolomey ein Jazzer: Er studierte Jazzgeige in Paris. Bittmann ist durch und durch Klassiker, er spielt in Nikolaus Harnoncourts weltberühmtem Alte-Musik-Orchester "Concentus Musicus Wien". Gemeinsam sind sie so genial, dass sogar Harnoncourt schwärmte: "Besser geht´s nicht".

Die unendliche Geschichte "Mozart auf Gut Kump" nimmt am 4. Juli 2018 ihre Fortsetzung: Wieder mit Matthias Kirschnereit, dem Doyen der Mozart-Interpretation am Klavier, und wieder mit der Deutschen Kammerakademie Neuss. Diesmal geht es um Linz (und die Linzer Sinfonie) und vor allem um die dunkle Seite des Salzburger Enfant terribles, sein geheimnisvolles d-Moll-Klavierkonzert.

Eine kleine Erfolgsgeschichte schrieb auch Uwaga! in Hamm. Ein Klassik-Geiger, ein funkiger Bassist, ein Jazz-Geiger mit Punk-Erfahrung und ein osteuropäischer Folklore- Akkordeonist machten sich zunächst im Kurpark-Pavillon, dann in der Volksbank-Oase viele Freunde. Am 7. Juli kehren die Essener dorthin zurück und machen hemmungslos Tanzmusik von Disco bis Menuett, von Tango bis Pogo.

Getanzt wird auch bei vinorosso – wenn die Besucher in Stimmung sind - zu Balkan-Grooves, sizilianischem Walzer und anderen Folk-Weisen auf der Wiese im Rosengarten von Schloss Heessen an der Lippe am 14. Juli beim Picknick-Konzert.

Nur zuhören sollen KlassikSommer-Freunde am 19. Juli: Dann erleben sie in der imposanten Waschkaue von Zeche Heinrich Robert mit verbundenen Augen ein "Concert in the dark", wie Shawn Grocott, Posaunist aus Kanada, und Konzertdesigner Folkert Uhde aus Berlin, ihr neues Konzertformat nennen. Nichts lenkt dabei ab vom Klang. Erst zum Schluss des Konzerts lüften die Besucher das Geheimnis und setzen ihre Verdunkelungsmasken ab. Grocotts internationales Bläserensemble "World Brass" nutzt dafür alle Möglichkeiten des riesigen Klangraumes der Waschkaue aus.

Etikettenschwindel? "Red Priest" klingt nach Rock-Band, ist aber eine Ba-Rock-Band. Alte Musik von Vivaldi und Co. hat es den vier exzentrischen Engländern des Ensembles mit dem irreführenden Namen angetan. Aber wie sie spielen, hat mit nichts zu tun, was man sich landläufig unter Barock vorstellt. Ihre atemberaubende Musik-Hexerei machte die Red Priests in Großbritannien zu Stars mit festen Sendeplätzen im Unterhaltungs-Fernsehen. Am 21. Juli verwandeln sich die roten Priester auf Gut Drechen in "Baroque Bohemians" und spielen "Zigeunermusik".

Tanz ist der Auftakt zum KlassikSommer, Tanz ist auch der Schlussakkord: "Songs and Dances" spielt "Alliage" am 22. Juli im frisch restaurierten Konzertsaal des denkmalgeschützten Gemeindehauses St. Victor in Herringen. Vier Saxofone und Klavier sind eine einzigartige Besetzung. Einzigartig sind deshalb auch alle Werke, die das Kölner Quintett um Deutschlands ersten Saxofon-Professor Daniel Gauthier spielt.

Der Vorverkauf zum KlassikSommer 2018 ist angelaufen, das Programmheft mit allen ausführlichen Informationen steht unter www.hamm.de/kultur zum Download zur Verfügung.

Podcast-Angebot:

Klaus Skrzipietz im Gespräch mit Ulrich Weißenberg und Martina Schillig-Graef